Dominique Koch
Wirkt Kunst in der Produktion alternativer Formen von Wissen?
Wie würdest du den Einfluss sozialer und wirtschaftlicher Fragen auf deine Arbeit beschreiben?
Dominique Koch (DK): Ich interessiere mich für eine Kunst, die sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzt. Soziale und ökonomische Fragestellungen beeinflussen demnach jede meiner Produktionen in hohem Maße, denn sie durchziehen mein Umfeld, aus dem heraus ich als Künstlerin arbeite. Die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen und ökonomischen Fragestellungen siedelt sich nicht nur auf der reflexiven Ebene an, in dem sie Ausgangspunkte einzelner Werke werden, sondern auch auf ganz praktischer Ebene, in dem ich immer wieder neue Wege finden muss, um meine künstlerische Arbeit, die sich nicht auf den Kunstmarkt verlassen kann und will, konstruktiv weiterzuführen.
In den letzten zehn Jahren wurde die Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft häufig diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde Kunst oft als wirksames Werkzeug für die Produktion alternativer Formen von Wissen angesehen. Wie siehst du diese Idee?
(DK): Ich denke ja, Kunst kann einen spannenden Kontext schaffen, um wissenschaftliche, gesellschaftliche oder politische Fragestellungen auf poetische Weise zugänglich zu machen, ohne zu sehr von spezifischen Dogmen oder engen Formaten eingenommen zu werden. Sie hat die Möglichkeit in öffentlichen Räumen aufzutreten und birgt einen Freiraum, der es ihr erlaubt, unterschiedliche Forschungsgebiete zusammen zu verknüpfen. Diese "Verschränkungen" bilden den Erdboden für ein kritisches Denken.
Kann die Wissenschaft die Menschheit retten? Welche Arten von Entdeckungen würdest du dafür überzeugend finden?
(DK): Es gibt nichts, was die Menschheit alleine retten kann. Wir leben in einem Zeitalter der artenübergreifenden Schnittstellen, oder zumindest ist ein solches Denken anzustreben, wenn wir den Planeten, auf dem wir leben, weiterhin nachhaltig bevölkern wollen. D.h der Zusammenschluss diverser Ansätze und Wissensgebiete, das Allianzen schliessen und die gegenseitige Erweiterung erscheinen mir wesentlich. Nichts geschieht alleine, alles ist immer Teil von etwas anderem. Das heisst also, alles ist Teil einer möglichen Lösung aber nur im gemeinsamen Zuarbeiten können Erfolge erzielt werden.
Auf welcher Ebene kann deiner Meinung nach Kunst zum sozialen und ökologischen Wandel beitragen?
(DK): Auch hier kann die Kunst allein die nötigen Veränderungen nicht herbeiführen, aber sie hat die Möglichkeit, neue Perspektiven darzustellen und Denkmodelle anzubieten. Sie kann also die Aufmerksamkeit auf gewisse Probleme, Missstände und Fragestellungen lenken und zwar auf eine so offene, freie Art und Weise, die eine Antwortbereitschaft oder ein Weiterdenken, eine Blick-Erweiterung beim Betrachter evozieren kann. Dieses Bewusstsein ist der Anfang möglicher Veränderungen. Das tatsächliche Handeln liegt dann jedoch abgekoppelt von der Kunst bei jedem Einzelnen, zusammen mit vielen Anderen. Kunst ist also ein Fenster zur Welt, sie kann Netze knüpfen und Strukturen offenlegen. In diesem Sinne trägt sie zu einer erweiterten Verständlichkeit bei und zu einer gewissen Wandelbarkeit der Welt.
Dieses Interview ist Teil eines kuratorischen Research Projekt unterstützt von Pro Helvetia