Acides
- Künstler/in
- Carmen Perrin
- Jahr
- 2019
- Auflage
- 24
- Technik
- Aquatinta Radierung auf Papier Zerkall Nature 250 gr Produktion: Atelier Genevois de Gravure Contemporaine
- Verleger
- Edition VFO, Zürich
- Abmessungen
- 56 x 72 cm
- Pries
- CHF 680.00
Ob im öffentlichen Raum oder in ihren abstrakten Kompositionen, Carmen Perrin hat die Schweizer und französischsprachige Kunstszene mit ihrer Praxis der Subtraktion von Materie geprägt. Löcher, die sorgfältig gebohrt oder vom Träger entfernt werden, zeigen Farben, Licht oder – wie in diesem Fall – Buchstaben. Das Wort, das in sukzessiver Abtönung auf dem Blatt erscheint, bezieht sich semantisch auf ebenjenes Prinzip der Subtraktion oder Auslöschung. Während das Wort „acid“ seit den 1960er-Jahren häufig mit der von Albert Hofmann erfundenen Substanz verbunden wird, die dafür bekannt ist, die Tore der Wahrnehmung zu öffnen, bleibt die Säure in erster Linie eine korrosive Flüssigkeit. Sie wird im Ätzprozess verwendet und ist von grundlegender Bedeutung für die Realisierung von Aquatinten. Die Kupferplatten werden in ein Säurebad getaucht, damit die aggressive Substanz die Flächen markiert, die auf dem Papier erscheinen sollen. Wie in Carmen Perrins grossen Kompositionen wird das Motiv durch die Löschung der Materie offenbart.
Die progressive Abstufung der Buchstaben im Wort „acides“, von einem sehr hellen „A“ zu einem sehr dunklen „S“, ist eine technische Meisterleistung. Die den Druck tragende Kupferplatte musste dutzende Male – manchmal extrem kurz – in Säure getunkt werden. Wie um einer Form des ewigen Werdens zu entkommen, wurden die Buchstaben graduell mit einem Lack überzogen, der vor der Aggression der Flüssigkeit schützt. Das Werk wird dann fast tautologisch. Ähnlich wie Joseph Kosuths konzeptuelle Installation One and Three Chairs oder seine berühmte Tautologie „Art is the definition of art“, ist das Wort ACIDES hier durch Säure dargestellt.
In ihren skulpturalen Arbeiten sowie den in-situ-Installationen und Interventionen im öffentlichen Raum verwendet Carmen Perrin alltägliche Materialien, sowohl industrielle als auch organische. Die Künstlerin setzt sich mit unserer Wahrnehmung von Volumen auseinander und spielt dabei mit Spannung, Kontrasten und Leere. Textuelle Elemente heben gelegentlich den konzeptionellen Aspekt ihres künstlerischen Ansatzes und ihrer Forschung über Gestik und Textur hervor.
Carmen Perrin erhielt ihren Abschluss an der École supérieure des Arts Visuels (ESAV) in Genf 1980. In jüngster Zeit wurden ihre Arbeiten in grossen Einzelausstellungen gezeigt, unter anderem in diesem Jahr im Kunsthaus Grenchen (2019). Ihre Werke befinden sich in verschiedenen Sammlungen, darunter im Musée d'art et d'histoire in Genf, im Aargauer Kunsthaus in Aarau, in der Joan Miró Stiftung in Barcelona und im Centre Pompidou in Paris.